Fortpflanzung

Auch wenn das Weibchen durch ständige Angriffe und Bisse durch das Männchen eingeschüchtert wird, bestimmt doch sie allein den Zeitpunkt der Kopulation.

 

Paarung

Schon bald nach dem Winterschlaf beginnen die Männchen die Weibchen zu „umwerben“. Beissattacken auf den Kopf und die Beine, begleitet von heftigen Rammstößen, sollen das Weibchen zum Sitzenbleiben bewegen. Denn erst bei eingezogenem Kopf und eingezogenen Vorderbeinen kann eine Kopulation erfogen. Hat das Weibchen keinen Bock, läuft es einfach weiter und das ganze beginnt von vorne. Bleibt das Weibchen jedoch sitzen, versucht das Männchen sofort aufzureiten. Unter heftigen Kopulationsbewegungen und lauten Pfeiftönen geht das Ritual nun weiter. Die Kopulation ist jedoch nur dann von Erfolg gekrönt, wenn das Weibchen nun aktiv den Panzer anhebt. Erst jetzt kann das Männchen seinen Penis in die Kloake des Weibchens einführen. Schildkrötenweibchen lassen sich von mehreren Männchen begatten und können das Sperma speichern, so dass sie noch Jahre später befruchtete Gelege ablegen können.

Selbstverständlich sind sich die Männchen während der Paarungszeit nicht immer grün und kämpfen heftig um die Weibchen. Rammstöße, Beißattacken und wilde Verfolgungsjagden sind dann die Regel. Deshalb ist eine gleichzeitige Haltung von Männchen und Weibchen nur dann möglich, wenn das Gehege eine ausreichende Größe und Strukturierung aufweist.

 

 

 

 

 

 

 

Eiablage

Rund fünf Wochen nach dem Winterschlaf zeitigen die Weibchen ihr erstes Gelege. Manchen Weibchen merkt man es richtiggehend an, wenn sich der Zeitpunkt der Eiablage nähert. Sie werden unruhig, laufen permanent im gesamten Gehege herum und stellen das Fressen ein. Anderen Weibchen hingegen ist kaum etwas anzumerken. Ist die Zeit der Eiablage gekommen, gräbt das Weibchen eine Grube, deren Tiefe und Ausdehnung von der Beinlänge der Weibchen bestimmt wird. Erst wenn die Krallen keinen Boden mehr erreichen, wird mit der Eiablage begonnen. Nachdem die bis zu zwölf Eier abgelegt sind, wird die Grube wieder geschlossen. Anschließend wird der Boden sorgsam gestampft und geglättet, bis tatsächlich nichts mehr auf die Grabtätigkeit hinweist. Bereits nach 5 bis 6 Wochen folgt das nächste Gelege. Bei optimalen Wetterbedingungen zeitigen manche Weibchen im Spätsommer noch ein drittes Gelege.

Unsere Weibchen legen, aufgrund des „milderen“ Klimas, meist im Gewächshaus ihre Eier ab. In seltenen Fällen werden die Eier im Außenbereich abgelegt. Nach einigen Probegrabungen entscheiden sich die Weibchen dann für eine südexponierte Hügellage, die sich ihrer Meinung nach am besten zum Ausbrüten der Eier eignet. Dabei vergessen sie allerdings, dass dies in Oberschwaben schlicht und ergreifend unmöglich ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

Inkubation

Sollen die Eier ausgebrütet werden, werden sie sofort nach der Eiablage in einen handelsüblichen Brutapparat überführt. Dabei ist ein Schütteln oder Drehen der Eier unbedingt zu vermeiden.

Die Eier bebrüten wir offen auf Sand liegend in einem kleinen Minigewächshaus, das wir dann in den Brüter stellen. Beim Abheben des Brüterdeckels werden auf diese Weise rapide Temperaturschwankungen vermieden. Die ersten drei Wochen werden die Eier mit einer konstanten Temperatur von 32,0°C bebrütet. Danach wird die Temperatur tagsüber auf 31,5°C gesenkt, nachts fällt sie auf 26°C ab. Die Luftfeuchte liegt in der Regel bei 70%. Der Sand selbst wird nicht befeuchtet, so dass er mit zunehmender Brutdauer extrem trocken und hart wird.

Seit einigen Jahren brüte ich nur noch zwischen fünf und zehn Jungtiere aus. Das reduziert zum einen den Arbeitsanfall zum anderen kann ich auch einmal einem potentiellen Käufer absagen, dessen Haltungsbedingungen mir nicht zusagen. Gerade auf Reptilienbörsen werden unglaublich viele junge Landschildkröten angeboten und verramscht. Bei der Langlebigkeit der Art sollte der Markt doch einmal gesättigt sein. Vermutlich sterben die meisten Jungtiere aufgrund falscher Haltungsbedingungen recht rasch. Mir ist deshalb eine gute Aufklärung und Begleitung der Käufer wichtig.

 

Schlupf

 

 

 

 

 

 

Um den 56. Bruttag schlüpfen unter den oben beschriebenen Bedingungen die ersten Tiere. Der Schlupf kündigt sich durch eine kleine Ausbeulung am Ei und abgesplitterte Schalenstücke an. Nun ist vor allem Geduld gefragt. Manchmal hat sich das Tier nach wenigen Stunden vom Ei befreit, manchmal dauert es aber auch zwei bis drei Tage. Manchmal bleiben die Tiere auch noch ein oder zwei Tage in dem aufgebrochenen Ei sitzen. Vermutlich resorbieren sie während dieser Phase die letzten Dottersackreste. Auf jeden Fall wartet man am besten ab bis das Tier von selbst das Ei komplett verlassen hat. 

Der Schlupf eines Geleges erfolgt allerdings nicht synchron, so dass er sich auch einmal über mehrere Wochen hinziehen kann. So schlüpften beispielsweise die Jungtiere eines Zweiergeleges am 55. und am 71. Bruttag. Man sollte sich folglich davor hüten scheinbar nicht entwickelte Eier zu früh aus dem Brutapparat zu entfernen.

Selbst nach jahrelanger Schildkrötenhaltung wird man doch ab und an von den Tieren überrascht. So saß Mitte September 2011 plötzlich ein Schlüpfling im Frühbeet. Da hatten wir ein Gelege übersehen, was uns nun unsere erste „Naturbrut“ bescherte. Knapp zwei Wochen später schlüpfte ein weiteres Tier. Beide Tiere schlüpften somit zu einem Zeitpunkt als sich die adulten Tiere bereits auf den Winterschlaf vorbereiten. Folglich waren beide Tiere nur noch rund vier Wochen aktiv bevor auch sie den Winterschlaf begannen.  Den Winterschlaf haben sie problemlos und ohne Gewichtsverlust überstanden. Es kann auch vorkommen, dass spät im Jahr geschlüpfte Tiere im Ei sitzen bleiben und direkt nach dem Schlupf dort überwintern.

 

Jungtiere

Nach dem Schlupf werden die Jungtiere als erstes in eine flache Schale mit warmen Wasser gesetzt. Nach kurzer Zeit stecken die meisten ihren Kopf unter Wasser und trinken. Danach geht’s zurück in den Brutapparat. Wenn der Nabel sauber eingezogen ist, kommen sie sofort in den Jungtierbereich des Gewächshauses und werden sich selbst „überlassen“. Schon bald sind sie außerhalb des Gewächshauses in ihrem kleinen Außengehege anzutreffen. Das Gehege bietet genug Nahrungs- und Versteckmöglichkeiten, so dass keine weitere Pflege nötig ist. Das Gehege ist gut strukturiert, so dass wir sie oftmals tagelang nicht zu Gesicht bekommen. Bislang haben wir sie jedoch alle im Herbst wiedergefunden.

Die Vorbereitung auf den Winterschlaf und der Winterschlaf selbst erfolgt auf dieselbe Art und Weise, wie sie bei den erwachsenen Tieren beschrieben ist.